Die Bayuda und ihre Erforschung

Die Region im großen Bogen des Nils, in etwa zwischen den Städten Omdurman und Korti, wird Bayuda genannt. Dieses wüstenhafte Gebiet ist vor allem durch Geröll- und Felsareale sowie ausgedehnte Sandflächen gekennzeichnet. In der Mitte der Bayuda befindet sich eine beeindruckende Vulkanregion – von hier und einigen anderen Gebirgszügen entspringen Wadis, die das jährliche Regenwasser in Richtung Nil entwässern. Die bedeutendsten dieser Talrinnen sind das Wadi Muqqadam und das Wadi Abu Dom. Der Fokus unseres Projektes liegt auf dem Wadi Abu Dom, das etwas südlich der Vulkanregion in Form dendritischer Arme entspringt und dann in etwa von Südost nach Nordwest zum Nil verläuft.

Das große Gebiet der Bayuda ist bislang kaum archäologisch untersucht worden; erst eine 1952 von O.G.S. Crawford durchgeführte Erkundungstour etwa zwischen Damer und Abu Hamed lieferte erste Hinweise zu Altertümerstätten. Den Abschluss dieser Tour bildete ein viertägiger Abstecher von Damer in die innere Bayuda. 1954 durchquerten H.N. Chittick und P.L. Shinnie die Bayuda von Merowe aus Richtung Shendi. Die Strukturen von Umm Ruweim, Umm Quweib und Umm Khafur im Wadi Abu Dom wurden in ihrem Bericht skizzenhaft in ihren Grund­rissen aufgenommen. Nach dieser Erkundungstour wurde das Kloster von Ghazali, im untersten Abschnitt des Wadi Abu Dom gelegen, von P.L. Shinnie ausgegraben und publiziert.

Aus archäologischem Blickwinkel geriet die Bayuda seit der Ausgrabung Shinnies bis in die späten 1990er nahezu in Vergessenheit. Zwar kam es im Jahre 1989 in Umm Ruweim durch den sudanesischen Antikendienst (NCAM) zu einer Probegrabung an einem Grab, das leider ohne Funde war, doch erst 1997 fand unter der Leitung von T. Kendall in der südlichen Bayuda im Wadi Muqqadam ein Survey statt.

Seit 2009 führte Henryk Paner (Archäologisches Museum Danzig) über mehrere Jahre einen großflächigen Auto-Survey in der gesamten Bayuda durch, der das Ziel hat, größere Sites zu kartieren. Von 2009 bis 2016 dokumentierte das Projekt „Wadi Abu Dom Itinerary“ (Universität Münster) durch sehr feinmaschige Begehungen sowie mittels Satelliten- und Luftbildern menschliche Hinterlassenschaften im Wadi Abu Dom. 2010-2019 arbeitete im Kloster Ghazali eine weitere polnische archäologische Mission unter der Leitung von Artur Obłuski (Polish Center of Mediterranean Archaeology Cairo). 2017-2019 konnte im Rahmen des Projekts „Wadi Abu Dom Investigations“ das Gebäude von El Tuweina zu weiten Teilen ausgegraben werden. Seit 2020 führt dasselbe Projekt die Ausgrabung von Umm Ruweim durch.